
Es gibt Songs, die begleiten einen ein Leben lang. Sie sind wie alte Freunde, die in den richtigen Momenten wieder auftauchen – in dunklen Nächten, in stillen Gedanken, in Tränen, die nicht geweint werden dürfen.
„The Sound of Silence“ von Simon & Garfunkel ist so ein Lied.
Ein poetisches Meisterwerk, das wie ein feiner Nebel über den Seelenlandschaften unserer Menschlichkeit liegt.
Zerbrechlich.
Wunderschön.
Und doch – war da immer dieses Gefühl, dass etwas fehlte.
Dann kam Disturbed.
Und plötzlich wurde aus der Stille ein Schrei. Aus dem Flüstern ein Beben. Aus dem melancholischen „Hello darkness, my old friend“ ein flehender Ruf, der direkt aus dem Mark kommt. Und ich wusste:
Das ist meine Version.
Inhaltsverzeichnis
Das Original ist ein Gedicht – die Coverversion ein Bekenntnis
Simon & Garfunkels Original ist wie ein flüchtiger Hauch.
Eine zarte Reflexion über Entfremdung, über eine Welt, die nicht mehr zuhört, in der Kommunikation versickert und Menschen aneinander vorbeileben. Die Schönheit liegt in der Schlichtheit. Fast wie ein Gebet.
Aber es bleibt distanziert. Beobachtend.
Sanft.
Vielleicht zu sanft.
Disturbed hingegen lässt dieses Gedicht leben – oder besser: überleben.
David Draimans Stimme beginnt ebenfalls leise, fast ehrfürchtig.
Doch was dann passiert, ist keine Interpretation.
Es ist eine Verwandlung.
Die Worte sind dieselben, aber die Bedeutung eine andere.
Hier singt jemand nicht über die Stille – er kämpft mit ihr.
Hier flüstert keiner.
Hier bricht ein Mann auseinander – mit jeder Zeile mehr.
Und genau das berührt mich auf eine Weise, wie es das Original nie konnte.
Die Live-Version: Wenn der Schmerz ein Gesicht bekommt
Und dann – dann kommt die Live-Version
Ich habe sie unzählige Male gehört. Und jedes Mal, wenn David Draiman am Anfang steht, das Publikum anschaut, die ersten Takte anstimmen lässt, ist es, als würde er die Last von uns allen schultern.
In seinem Blick liegt eine Geschichte, die wir alle kennen.
Verlust.
Ohnmacht.
Sehnsucht.
Wut.
Und dann singt er.
Er singt nicht.
Er schreit nicht.
Er betet.
Diese Performance ist kein Konzert. Sie ist ein Ritual.
Und wir – das Publikum – sind Teil davon. Für ein paar Minuten wird die Welt still.
Nicht, weil sie nichts sagt. Sondern weil sie zuhört.
Endlich.
Und genau das ist die Essenz dieses Liedes: Die Verzweiflung darüber, dass Menschen einander nicht mehr hören – und die Hoffnung, dass es doch noch möglich ist.
Musik als Spiegel der Seele
Ich glaube, ich liebe die Version von Disturbed mehr, weil sie meiner eigenen Innenwelt näher ist.
Ich bin keine zarte Poetin.
Ich bin ein Mensch, der ringt.
Mit sich, mit der Welt, mit der Leere, die manchmal alles verschlingt.
Und ich brauche Musik, die mich nicht nur tröstet – sondern mich aufweckt.
Die mir zeigt:
Du bist nicht allein mit deinem Lärm in der Stille.
Es gibt Momente, in denen ich die Studio-Version von Disturbed höre, wenn ich allein bin, spät in der Nacht, und mein Herz zu schwer ist für Worte.
Aber wenn ich die Kraft habe – oder sie wiederfinden muss – dann schaue ich die Live-Version.
Weil ich dort sehe, was Menschsein bedeutet:
verletzlich sein,
aber nicht aufgeben.
Spüren,
was weh tut,
und es trotzdem aussprechen.
Wenn Stille nicht mehr schweigt
Musik ist logischerweise subjektiv. Und das ist gut so.
Für mich ist „The Sound of Silence“ in der Version von Disturbed nicht einfach ein Cover.
Es ist ein Schrei aus der Tiefe – kraftvoll, roh, ehrlich.
Und die Live-Version ist die Krönung dieser Reise. Weil sie zeigt, dass in der größten Stille die lauteste Wahrheit wohnt. Und dass es manchmal eine dunkle Stimme braucht, um endlich das Licht zu sehen.
„And the people bowed and prayed / To the neon god they made …“
Ja. Und dann kam jemand, der nicht gebetet hat – sondern gesungen hat. Für uns alle.
Und ich sage:
Danke, David Draiman. Danke für diesen Sound. Für diese Stille. Für diesen Schrei.
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