
Manche Lieben verblassen mit der Zeit. Sie werden blass wie alte Polaroids, die zu lange im Sonnenlicht lagen. Andere hingegen – und das ist das Seltene, das Kostbare – brennen sich ein, werden zum Teil deines inneren Rhythmus, deiner Biografie, deines Nervensystems. So ist es bei mir mit AC/DC.
Ich bin keine nostalgische Träumerin. Ich renne nicht jeder Erinnerung hinterher wie einem verlorenen Luftballon. Aber wenn der erste Gitarrenriff von „Back in Black“ aus den Lautsprechern knallt, wenn Angus Young seine Gitarre kreischen lässt, als ob es um Leben und Tod ginge, dann bin ich wieder da. In mir. Mitten im Leben. Mitten in mir selbst. Und das, obwohl mein Alltag heute ein ganz anderer ist als damals, als ich zum ersten Mal ein AC/DC-Album in der Hand hielt.
Inhaltsverzeichnis
Der Soundtrack meines Erwachsenwerdens
Es war nicht nur Musik. Es war Haltung. Rebellion. Energie. Schweiß. Ehrlichkeit. AC/DC war nie weichgespült, nie angepasst, nie freundlich im klassischen Sinne. Und genau das hat mich angezogen. Diese Band hat nie versucht, jemand anderem zu gefallen. Sie war einfach. Laut. Direkt. Authentisch. Und das war in einer Welt, in der man sich als Mädchen anpassen sollte, wie eine Faust aufs Auge – und genau deshalb so befreiend.
Ich erinnere mich an mein erstes AC/DC-Konzert. Der Bass wummerte in meiner Brust wie ein zweites Herz. Die Menge war ein einziger, brodelnder Organismus. Ich stand da, mit zitternden Knien, aber mit leuchtenden Augen. Es war wie eine Taufe. Von diesem Moment an wusste ich: Ich gehöre dazu.
Was AC/DC mit meiner Lebenseinstellung zu tun hat
Was viele nicht verstehen: AC/DC ist mehr als Rockmusik. Es ist eine Philosophie. Eine Lebenseinstellung. In einer Welt, die zunehmend von Oberflächlichkeiten, Geschwindigkeit und digitaler Perfektion getrieben wird, ist AC/DC wie ein wilder, ungebändigter Fluss, der alles mitreißt, was versucht, ihn zu zähmen. Ihre Musik ist roh, direkt, kraftvoll – und frei. Genau das, was ich auch in meinem Leben immer gesucht habe.
Ich habe Fehler gemacht. Viele. Ich bin gefallen, aufgestanden, wieder gefallen. Aber wie heißt es so schön bei ihnen: „It’s a long way to the top if you wanna rock’n’roll“. Ja, verdammt, es war ein langer Weg. Und er ist es noch immer. Aber AC/DC hat mir beigebracht, dass man ihn mit erhobenem Kopf gehen kann – auch mit aufgeschürften Knien.
Die Kraft der einfachen Dinge
In einer Welt, die sich immer komplexer anfühlt, liebe ich die Einfachheit von AC/DC. Drei Akkorde, ein treibender Beat, eine Stimme, die wie Schmirgelpapier klingt – mehr braucht es nicht. Kein Pomp, kein Pathos, kein künstliches Drama. Nur Ehrlichkeit. Und Kraft. Und Herzblut.
Es ist diese Reduktion aufs Wesentliche, die mich bis heute fesselt. Ich habe gelernt, dass Tiefe nicht immer mit Komplexität einhergehen muss. Manchmal sind es gerade die einfachen Dinge, die am tiefsten berühren. Die, die nicht durch Intellekt, sondern durch Bauch und Seele wirken. AC/DC macht keine Musik für den Kopf – sie machen Musik für den Körper, für das Gefühl, für den Moment. Und das ist es, was mich bis heute bewegt.
Zeitreise im Kopf – aber mitten im Jetzt
Wenn ich heute „High Voltage“ höre, bin ich wieder 17. Und gleichzeitig ganz bei mir, hier, heute. Es ist, als ob die Musik einen Riss in der Zeit öffnet, durch den all meine Lebensversionen hindurchschimmern. Die Rebellin. Die Zweiflerin. Die Mutter. Die Liebende. Die Wütende. Die Suchende. Und sie alle tanzen zu „You Shook Me All Night Long“.
AC/DC begleitet mich wie ein unsichtbarer Schutzengel mit Lederjacke. Ihre Songs sind keine Flucht aus dem Jetzt, sondern eine Erinnerung daran, wer ich bin – und wer ich sein darf. Laut. Wild. Unangepasst. Auch mit grauen Haaren, wenn’s sein muss.
Frauen und Rock – keine Entschuldigung nötig
Ich habe nie verstanden, warum manche Leute glauben, Rockmusik sei Männersache. Vielleicht, weil Angus Young im Schuljungen-Outfit mehr Testosteron versprüht als mancher Macho. Vielleicht, weil Bon Scotts Stimme klang, als würde sie direkt aus einer verrauchten Kneipe in die Seele kriechen. Aber für mich war Rockmusik nie eine Frage des Geschlechts. Sondern des Herzens.
Ich musste mich nie entschuldigen dafür, dass ich lieber Gitarrenriffs als Synthie-Pop hörte. Dass ich lieber in Clubs mit klebrigen Böden als in sauberen Cafés war. Dass mein Herz schneller schlug, wenn jemand ein Solo spielte, das wie ein Aufschrei klang. AC/DC war nie Mainstream. Und ich wollte es auch nie sein.
Laut gegen das Verstummen
Ich bin älter geworden. Und mit den Jahren kommt oft das Leise. Das Sich-Zurücknehmen. Das Anpassen. Aber ich weigere mich, leiser zu werden. Nicht, weil ich jung bleiben will um jeden Preis – sondern weil ich weiß, dass meine Stimme zählt. Dass meine Geschichte zählt. Und manchmal, wenn ich das Gefühl habe, nicht gehört zu werden, drehe ich „Thunderstruck“ auf. Laut. Bis die Wände zittern. Bis mein Herz wieder im Takt schlägt. Bis ich mich wieder spüre.
AC/DC erinnert mich daran, dass ich nicht verschwinden muss, nur weil ich älter werde. Dass ich nicht weniger sein muss, sondern mehr ich selbst. Ihre Musik ist mein Aufschrei, wenn ich keine Worte finde. Mein Rückenwind, wenn ich wieder einmal gegen den Strom schwimme.
Danke, Angus. Danke, Malcolm. Danke für alles.
Es gibt Bands, die kommen und gehen. Und es gibt Legenden. AC/DC ist für mich eine Lebenslinie. Ein Taktgeber. Ein inneres Feuer. Angus Young, dieser schmale Typ mit der Gitarre, ist für mich ein Held. Nicht, weil er perfekt ist. Sondern weil er niemals aufgehört hat zu brennen.
Ich bewundere Menschen, die kompromisslos sind. Die ihr Ding machen, egal was die Welt sagt. Die sich treu bleiben. Und genau das verkörpert AC/DC für mich: Integrität. Leidenschaft. Energie. Und vor allem: Authentizität.
Rock’n’Roll ist kein Alter – es ist ein Zustand
Ich brauche keine Charts, um zu wissen, was gut ist. Keine Spotify-Algorithmen, die mir sagen, was ich hören soll. Ich höre auf mein Gefühl. Auf meine Sehnsucht. Auf mein Herz. Und das schlägt einfach im Rhythmus von AC/DC.
Vielleicht ist es schwer zu erklären, warum eine Band, die seit Jahrzehnten kaum ihren Stil verändert hat, für mich immer noch aktuell ist. Vielleicht muss man es einfach erleben. Fühlen. Spüren. Es ist wie eine Frequenz, auf der mein Innerstes schwingt. Unverändert. Klar. Kraftvoll.
Ich bin keine Teenagerin mehr. Ich bin viel mehr. Ich bin eine Frau, die weiß, was sie will. Die weiß, was sie braucht. Und manchmal ist das ganz einfach: ein kaltes Bier, eine gute Erinnerung – und AC/DC auf Anschlag.
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